Interview mit
Aussteiger
Wolfgang "Gangerl" Clemens und den Filmemachern Julian & Thomas Wittmann
(Juli
2025)
Zur Premiere des Films
"Ausgsting".
Schau Hi Films
|

©Majestic / Hans-Florian Hopfner |
Bayerische Kultserien:
Thomas
und Julian, wann habt Ihr das erste Mal etwas vom „Gangerl“ gehört oder gelesen?
Julian:
Das
ist jetzt gute 5 Jahre her. Während der Corona- und Lockdown-Zeit.
Es war die
Bild-Zeitung, die damals getitelt hat: „Die schönste Corona-Quarantäne der
Erde“. Abgebildet waren ein Foto vom Gangerl und ein Bericht, wie er in Malaysia
auf einer einsamen Insel festsitzt und dort nicht einreisen darf. Also quasi auf
diesem Insel-Paradies gefangen ist. Da haben wir uns gedacht: „das hört sich
nach einem geilen Leben an“. (lacht) Dann haben wir Kontakt aufgenommen.
B K:
Berichte über Dich als Aussteiger gab es aber auch schon vorher, oder?
Gangerl:
Ja,
im Fernsehen war ich öfter und es gab auch mal eine Direktübertragung nach
Malaysia.
Julian:
In
der Segel-Community warst du natürlich ein Begriff, aber wir haben da
tatsächlich das erste Mal von dir gehört.
Gangerl:
Relativ am Anfang hatte ich ja gleich eine Bild-Titelseite. „Die Schlacht von
Mallorca“ haben sie da geschrieben, weil ich mit anderen Seglern aneinander
geraten bin.
Julian:
Wie
lange ist das her?
Gangerl:
37
Jahre.
Thomas:
Da
waren wir ja noch gar nicht geboren. (lacht)

Bildschlagzeile
vom 27.03.2020 / Foto:
©Majestic / Rainier Ramisch
B K:
Wie
habt Ihr dann den Kontakt zueinander hergestellt?
Julian:
Angeschrieben haben wir ihn über die Webseite, die er ja mit Unterstützung
betreibt.
Gangerl:
Ihr
habt mich zur Premiere von „Ausgrissn“ eingeladen. Da habe ich euch zum ersten
Mal gesehen.
Julian:
Stimmt! Weil wir uns gedacht haben, ein richtiger Aussteiger und nicht nur so
„Ausreißer“ wie wir damals waren, wäre zur Premiere doch was. Und tatsächlich
ist er dann vorbeigekommen.
Thomas:
Wir
waren uns da schon gleich sympathisch und dann hat uns der Gangerl zu sich nach
Roding eingeladen. In den Holzschuppen, in dem er wohnt, wenn er gerade in
Deutschland ist.
B K:
Hat Dir
denn der erste Film von den beiden gefallen?
Gangerl:
Ja
freilich hat mir der gefallen! Ich war ja nie in den USA und war auch eher
verhasst auf das Land. In dem Film haben mir aber doch die Natur und die Reise
so gut gefallen, dass ich vielleicht doch mal eines Tages dorthin fahre.
Thomas:
Mit
der Zündapp? (lacht
Gangerl:
(lacht)
Ich hatte früher eine Herkules, Baujahr 1951, die noch bei meiner Tochter steht.
Was für ein Baujahr waren denn eure beiden Zündapps?
Thomas:
1969 und 1968.
Gangerl:
Mit
meiner wäre ich wahrscheinlich nicht so weit gekommen. (lacht)
Thomas:
Oder sogar noch weiter als wir. (lacht)
B K:
Was war
denn Dein erster Gedanke, als Du mitbekommen hast, dass Dich da junge
Filmemacher beim Segeln begleiten wollen?
Gangerl:
Ich
hab das gleich am Anfang für einen Schmarrn gehalten. Warum wollen die eine Doku
über mich machen? Vom „größten Sturm des Jahrhunderts“, den ich erlebt habe,
gibt es schon Filme und Berichte. Und
dass
ich zwei Piraten erschossen habe, kann man ja nicht bringen. Alles andere gibt
es schon im Fernsehen. Ich hatte also meine Skepsis und habe erst lang überlegt.
Aber mein Manager kann so quatschen, dass der Rauch aufgeht und macht alles so
rosig, obwohl alles dunkelgrau ist.
(alle lachen)
B K:
Du
warst zuvor ja nur alleine unterwegs, oder?
Gangerl:
Ja,
nur die ersten 4 Jahre hatte ich meine Renate dabei.
B K:
Gab es
davor schon mal Anfragen von Filmemachern, die Dich begleiten wollten?
Gangerl:
Solche Anfragen gab es nicht. Ich habe vorher nur Bekannte oder Charter-Gäste
mitgenommen. Es gab schon mal Berichte oder Interviews, aber im Fernsehen oder
in richtig großen Magazinen oder Zeitschriften war ich eigentlich nicht.
Julian:
Das
wolltest Du ja eigentlich auch nicht. Deswegen bist Du ja weggesegelt.
Thomas:
Es
wird schon einen Grund gehabt haben, warum Dich noch kein Filmteam begleiten
wollte. Wer will schon mit dem kleinen Boot so lange mit dir auf’s Wasser.
(lacht) Ich glaube da waren wir wieder einmal zu naiv. (grinst)
Gangerl:
Früher hätte ich ja noch das große 16-Meter-Boot gehabt. Das hätte wohl viel
erleichtert.
Julian:
Es
heißt ja beim Drehen immer: Am schwierigsten ist es auf Wasser, mit Tieren und
mit kleinen Kindern. Ich würde das noch erweitern auf „mit alten Männern“.
(lacht)
Gangerl:
(lacht)
Und ihr die
kleinen Kinder!

©Majestic / Marc Heinemann, Schau Hi Fims
B K:
Apropos
„naiv“, habt Ihr gewusst, wie Ihr Euch auf so etwas vorbereiten müsst?
Gangerl:
Total übertrieben bis zum geht nicht mehr haben die!
Julian:
(lacht)
Wir haben schon wirklich alles sehr akribisch durchgeplant gehabt. Von uns waren
ja 10 Leute als Team mit dabei. Da brauchten wir ja einen ungefähren Fahrplan.
Wir konnten ja nicht einfach zu ihm kommen und sagen: „So, da samma jetzt“.
Gangerl:
Ich
habe da ja laufend gebremst. Wie ich das erste Mal gesehen habe, wie die mit der
großen Kamera und den Linsen angekommen sind, habe ich gesagt: „Seid’s ihr
wahnsinnig? Auf’s Meer so ein Riesengerät mitzunehmen!“. Die sind mit einem
Eisenbahnwagon voller Equipment angereist.
Julian:
(lacht)
Wir haben einfach versucht uns so gut wie möglich vorzubereiten. Mit Tauchkurs
und Erste Hilfe Maßnahmen, wo wir extra einen Kurs belegt haben für „Survival-Training“.
(grinst)
Thomas:
Das
war lustig, weil der Doktor meinte: „Da wo ihr hinfahrts, da gibt’s alles! Auf
Tiere gehen wir da gar nicht ein, weil in Papua, da gibt’s einfach ALLES. Da
bräuchten wir sonst noch mal ein komplettes Wochenende extra zur Vorbereitung.“
(lacht) Als die Crew dann große Augen gemacht hat, meinte ich: „Gut das
ihr schon eure Verträge unterschrieben habt, weil aussteigen kann keiner mehr!“
(grinst)
Gangerl:
(schüttelt ständig den Kopf)
B K:
Euch
war also schon bewusst, dass das gefährlich sein könnte?
Gangerl:
Die
waren doch total blauäugig. Total!
Thomas:
(lacht)
Das stimmt schon. Es ist natürlich auch so, dass auch von unserem Filmteam noch
nicht wirklich viele auf hoher See oder so gedreht hatten. Da kann man für eine
Doku alles so gut planen wie man möchte, aber es dauerte genau einen Tag und
dann war der Plan wieder hinüber, weil alles ganz anders gekommen ist.
Julian:
Allein schon wettertechnisch oder weil auch mal Boote nicht gekommen oder
gefahren sind. Eigentlich haben wir immer improvisieren müssen.
Gangerl:
Freilich. Die wollten ein Begleitboot, aber da ist niemand mitgefahren, weil um
die Zeit draußen das Wetter zu gefährlich ist.
Thomas:
Wir
hätten eigentlich noch mal einen zweiten „Gangerl“ gebraucht, der genauso
verrückt ist und mit einem anderen Boot nebenher fährt. (lacht)

©Majestic
B K:
Du
nimmst ja tatsächlich auf dem Meer keine gewöhnlichen Routen, oder?
Gangerl:
Naja, ich gehe eben der so genannten „Barfußroute“
(Hierbei
umfährt ein Schiff die Erdkugel auf einem ganz bestimmten Seeweg)
komplett aus dem Weg, weil das für mich so schlimm ist. Allein die Gespräche von
diesen blauäugigen Weltumseglern, die man über Funk hört. Da stellt es dir die
Haare auf: „Du musst da hin fahren. Da ist der Zucker billiger…“ usw. Alle
ängstlich wie die Sau, die schon bei Windstärke 3 die Segel runter machen und
nur noch mit Motor weiterfahren. Das ist sogar heutzutage noch schlimmer
geworden. Ich sehe das oft in Papua. Da liegen riesige Yachten, 16 bis 20 Meter
lang und keine einzige fährt vom Hafen raus. Obwohl z.B. Raja Ampat (ein
Archipel im Indopazifik in Indonesien) ein so wahnsinnig schönes Gebiet ist.
B K:
„Angst“
scheint bei Dir auch nur eine kleine Rolle zu spielen, oder?
Gangerl:
(schüttelt den Kopf)
Die klinke ich aus. Seit 20 Jahren sage ich mir: „Sterben muss jeder. Wenn dann
stirbst du hoffentlich schnell!“ Natürlich hab ich auch schon oft Schmerzen
gehabt. Da bin ich einmal in einer Bucht gelegen, in der weit und breit kein
Mensch war. Mit solchen Schmerzen, dass es mich nur so gewunden hat. Ich habe
dann alles an Medikamenten genommen was ich hatte. Von den Philippinen bis Papua
bin ich mit Denguefieber dahin getrieben.
B K:
Unvorstellbar. Was war denn das gefährlichste auf Eurer Reise zusammen?
Julian:
Ich
kann mich noch an die Überfahrt von Komodo nach Wakatobi erinnern. Da waren wir
glaube ich fast acht Tage unterwegs, als dann das Wetter umgeschwenkt ist.
Gangerl:
Das
war, als wir in der Nacht ankern wollten und auf’s Riff gefahren sind. Kannst du
dich noch erinnern? In der Seekarte stand eine andere Meterangabe und auf
einmal hat es „bumm“ gemacht. Gottseidank war so viel Niedrigwasser, dass wir
mit Vollgas und Wellengang wieder rückwärts vom Riff geschwemmt wurden.
Julian:
Auf
der gleichen Überfahrt ist auch plötzlich ein riesiges leeres Boot an uns vorbei
getrieben, das wir fast nicht gesehen hätten.
Gangerl:
Als
wir um eine Insel herumfahren wollten, sind uns auch mal Segel zerrissen.
Julian:
Eine Schlange war mal an Bord. Da war ich aber zum Glück nicht da. Das war die
giftigste Wasserschlange, die es in der Gegend gibt.
Gangerl:
Naja, die sind aber nicht gefährlich, weil die das Maul nicht aufbringen. Da
müsste man den Finger reinstecken.
(allgemeines
lachen)
Gangerl:
Aber ich hatte auch mal die braune Kobra dabei. Das ist die gefährlichste
überhaupt.
Thomas:
Davon hat er mir Videos gezeigt.
Gangerl:
Monatelang habe ich die spazieren gefahren. Die hatte sich hinter den
Konservendosen versteckt.
Thomas:
Er
ist also wirklich nicht immer ganz allein. Manchmal nimmt er mal Kobras mit.
(lacht)
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©Majestic / Hans-Florian Hopfner |
B K:
Hattest
Du dann immer die Hosen voll, während er die Ruhe weg hatte?
Julian:
(überlegt)
Wirklich die Hosen voll hatte ich eigentlich nicht. Ich habe mich schon am
Gangerl orientiert. Aber draußen auf dem Meer bekommt man schon eine gewisse
Ruhe. Ich bin ja davor noch nie gesegelt und das ist schon krass. Du bist da
draußen und denkst dir: „Des wird scho funktionieren. Huift ja nix anders.“ Der
Ozean kann schon irgendwo befrieden.
Gangerl:
Ist
schon klar. Wo ich allerdings den greislichen Sturm mit Windstärke 10 – 11
gehabt habe, das war schon narrisch heftig. Da ist dann auch nix mehr mit Ruhe
weg, Da gibt es dann schnell mal 5 – 6 Meter hohe Wellen.
B K:
Im
Trailer konnte man es ja schon erahnen. „Frieden“ scheint es bei Eurer Reise
auch nicht immer gegeben zu haben.
Julian:
Du
musst dir vorstellen, dass wir drei Monate lang unterwegs waren. Und wie es der
Gangerl vorhin schon gesagt hat, waren wir ja vollkommen blauäugig und
überambitioniert angereist. Die erste Watschn haben wir schon mit den Wetter und
den Gesellschaftsumständen dort bekommen, die einfach komplett anders waren. Das
wir überall immer erst mit einem Boot hinfahren mussten, hat auch vieles über
den Haufen geworfen. Und dann hat der Gangerl auch noch Rückenschmerzen
bekommen.
Gangerl:
Das
war der… wie heißt der Kanal da? (zeigt auf seinen Rücken)
Thomas:
Spinalkanal.
Gangerl:
Mei,
da bin ich nur noch in 90 Grad-Haltung gegangen, bis sie mich mit Kortison voll
gepumpt haben.
Julian:
Das
es unter all diesen Umständen mal raucht und man auch mal in eine andere
Richtung geht, das ist bei drei Monaten und den 10 Quadratmetern, die wir zur
Verfügung hatten, eigentlich ganz normal. (grinst)
B K:
Jetzt
warst Du vorher die meiste Zeit alleine und hast nun drei Monate lang jemand bei
Dir…
Gangerl:
Ja.
Und er (zeigt auf Julian) ist es ja gewohnt anzuschaffen und hat immer
gefragt was alles möglich ist. Da waren schon einige Situationen, wo ich fast
ausgeflippt bin. Einmal hatte ich die Ankerleine im Propeller und musste sie
abschneiden, ein andermal hab ich den Fischcontainer geräumt…
Thomas:
Und
am nächsten Tag stehen wir auf der Matte und sagen „Gangerl, wir wollen jetzt
eine Tauchszene drehen.“ (lacht)
Gangerl:
…eine Tauchszene drehen! Da habe ich dann gesagt „Geh leckt’s mich doch am
Arsch. Ich habe in der Nacht keine Sekunde geschlafen.“
Thomas:
Das
war auch die große Herausforderung als Team. Während der Gangerl ja fast immer
auf dem Boot war und dort geschlafen hat, hat das Team gar nicht mitbekommen,
was in der Zwischenzeit alles los war und passiert ist.
Julian:
Auf
der anderen Seite hatten wir ja unsere eigenen Probleme. Wenn wir um 22 Uhr
aufgehört haben zu drehen, mussten wir überlegen wie lange wir die Ruhezeit
einhalten können, damit wir am nächsten Tag eine Szene drehen können, bei der
wir noch Sonnenlicht gebraucht haben. Die ganz normalen Filmprobleme halt.
Gangerl:
„Ruhezeiten“! Das habe ich ja gleich gar nicht verstanden, weil ich kann
durchackern, das der Rauch davongeht. Aber da waren ja Weicheier dabei.
(alle lachen)
Thomas:
Da
nennen wir jetzt keine Namen. (lacht) Eine Herausforderung war auch das
Equipment, das ja gewartet werden musste. Mit dem ganzen Salzwasser musste es ja
auch immer wieder geputzt werden, weil das sonst kaputt geht.
Gangerl:
Ein
Riesenproblem!
Julian:
Das
hieß also nach jeden Drehtag wieder zwei Stunden putzen, wieder etwas
herrichten, Daten sichern etc. Das war ja auch wieder etwas, was der Gangerl
wiederum nicht mitbekommen hat. Der hatte in der Zwischenzeit mit seinem Boot zu
tun, während unser „Boot“ quasi das Equipment war. (lacht)

©Majestic / Markus Schindler
B K:
Jetzt
haben wir von Problemen gesprochen. Was war denn für Euch das schönste auf der
Reise?
Gangerl:
Gar
nix!
(alle lachen)
Thomas:
Das
Ende. (lacht)
Julian:
Das
Schönste für mich war tatsächlich bei einer Überfahrt. Da sind wir bei einem
wahnsinnig schönen Sternenhimmel draußen gesessen und du hast mir erklärt, wo
das „Kreuz des Südens“ ist. Da ist hinter uns eine riesige, fette Gewitterfront
vorbeigezogen. Zu sehen, wie das auf dem Meer abregnet, das war schon
beeindruckend.
Gangerl:
Ja,
da gibt es Wolkenformationen, die sind ein Traum. Obwohl, der ganz schnell
vergehen kann, wenn ein so friedliches Gewitter in der Ferne schnell näher
kommt. Die haben dann schon was zu bieten.
B K:
Es gab
also auch schöne Momente mit den Jungs?
Gangerl:
(lässt sich breit schlagen)
Ja, mit Sicherheit.
(alle lachen)
B K:
Julian,
was hast Du in den drei Monaten am meisten vermisst?
Julian:
Meine Familie. Das kam nämlich auch noch dazu. Sechs Monate bevor wir
losgefahren sind, bin ich Papa geworden. Das war natürlich obendrein noch mal
hart, von der jungen Familie weg zu müssen.
B K:
Gangerl,
Du wirst das sicher oft gefragt, aber vermisst Du irgendwas von früher?
Gangerl:
Nein, gar nichts. Na! Eine der blödsten Fragen ist z.B. „Vermisst du nicht
Weißbier oder Weißwürscht?“ Wie blöd kann man sein? Abhängig vom Fressen machen.
(alle lachen) Ich vermisse nichts. Ich bin ein Lebenskünstler und kann
die ganze Woche nur Brot essen. Oder einen Eintopf.
Thomas:
Den
glaube ich viele nicht mehr essen würden. (lacht)
Julian:
Das
war übrigens das Erste, das ich an Bord zu essen bekommen habe. Einen Eintopf
der sieben Tage alt war. (lacht)
Gangerl:
Auf
See sind keine Weicheier erlaubt.
B K:
Eine
riesengroße Veränderung zu Deinem Leben früher, oder?
Gangerl:
Ja.
Aber auch die Schönste Veränderung. Ich muss sagen, dass ich das ganze
g’spinnerte Zivilisationsleben abgelegt habe. Früher habe ich mir auch
g’spinnerte Sachen gekauft, die viel Geld gekostet haben. Zum Beispiel Oldtimer.
Brauche ich alles nicht mehr. Mein Wohnmobil ist 37 Jahre alt, mein Audi ist 23
Jahre alt. Ich brauch den ganzen Schnickschnack nicht mehr.
Thomas:
Und
dein Boot ist 50 Jahre alt.
Gangerl:
Nein, das aktuelle Boot ist erst 17 Jahre alt.
Julian:
Was? Dann ist das aber sehr gut genutzt. (lacht)
Gangerl:
ICH
habe es 17 Jahre! Ich habe es ja gebraucht gekauft, nachdem die „Bavaria I“
untergegangen ist.
B K:
Julian,
Dein Fazit zu den drei Monaten?
Julian:
Die
waren schon heftig, aber es waren ja nicht nur diese drei Monate. Das heftigste
war ja im Anschluss noch der Schnitt und einen Film daraus werden zu lassen. Wir
sind davor ja immer noch mit der Illusion angereist, dass das Leben von Gangerl
ein absoluter Traum ist.
Gangerl:
Des
glaubs olle!
Julian:
Dabei ist das ein Leben, das genauso anstrengend ist, wie das Leben hier. Wenn
ich nicht sogar noch anstrengender.
Gangerl:
Viel anstrengender. Geh davon aus, wenn du ein halbes Jahr vom Schiff weggehst,
reparierst du auch ein halbes Jahr lang. Seeluft macht alles kaputt. Alle
Elektronik und sogar Reißverschlüsse. Auch wenn man mittlerweile gut vorbeugen
kann. Man hat immer was.
Julian:
Das
Erlebte danach zu reflektieren, was man in den Momenten gar nicht so mitbekommt,
war auch noch mal ein Prozess. Antworten zu finden, was mir der Gangerl alles
gezeigt hat, oder auch nicht gezeigt hat. Die Verarbeitung kommt hoffentlich
auch im Film entsprechend rüber.
Gangerl:
(überlegt)
Das glaub ich, dass ihr da mehr arbeit gehabt habt als ich. Was ihr an Zeit in
den Film gesteckt habt, möchte ich gar nicht wissen.
Thomas:
Wir
auch nicht mehr. (lacht)

©Majestic / Hans-Florian Hopfner
B K:
Wenn Du
nach langer Zeit trotzdem mal wieder nach Bayern kommst, freust Du Dich dann
trotzdem wieder hier zu sein?
Gangerl:
Das
ist unterschiedlich. Es kommt darauf an, wie du etwas verlässt. Wenn ich jetzt
in einem Atoll liege, wo mit das Herz vor lauter Glück platzt und muss dann
wegen so einem saublöden Termin nach Deutschland, dann sind das negative
Gedanken an hier. Auf der anderen Seite habe ich jetzt in Indonesien eine Strafe
von 650 Euro bekommen, weil ich das Visum überzogen habe. Und im Hafen eine
Hitze, Mückenplage und ständig Ärger mit der Immigration. Da habe ich gesagt
„Jetzt freu ich mich aber richtig auf Deutschland.“ Auf den Kahn habe ich dann
gespuckt als ich gegangen bin. „Du Drecksau, du!“ hab ich gesagt.
(alle lachen)
B K:
Gangerl,
Du bist 1988 ausgewandert. Meine letzte Frage ist immer die nach einer
persönlichen bayerischen Lieblingsserie. Die Frage ist, welche Du noch kennst?
(ein paar Klassiker
werden in den Raum geworfen)
Gangerl:
Ja,
den „Monaco Franze“ kenn ich schon. Den schau ich mir auch immer wieder gerne
an, wenn ich ihn wo sehe.
Julian:
Der
Gangerl ist ja selber so ein kleiner Monaco Franze. (lacht)
Gangerl:
Ich
schau mir tatsächlich auch gerne viel an, wo es bayerische Landschaften gibt.
Ich liebe Bayern.
B K:
Euch
hatte ich ja schon mal gefragt, bin aber gespannt ob es noch die gleichen
Lieblingsserien sind wie damals?
Julian:
Ich
weiß nicht, was ich damals gesagt habe, aber momentan würde ich den „Pumuckl“
nennen. Gerade jetzt mit dem kleinen Kind finde ich die Folgen wieder super.
Thomas:
Lustigerweise habe ich vor ein paar Wochen angefangen wieder mal „Irgendwie und
Sowieso“ zu schauen. Deswegen ist es gerade diese Serie.
B K:
Genau
das habt Ihr auch damals im Interview zur Premiere von „Ausgrissn“ gesagt. Ich
danke Euch und wünsche viel Erfolg bei der Kinotour.
Julian
und Thomas:
Wir sagen
danke!
Gangerl:
Servus!

Bild: Hans-Florian Hopfner / Majestic
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