Interview mit Frederic Linkemann

(November 2023)

Zum neuen Near Future Fernsehfilm "Morin"

© 07/2023 Nils Schwarz

Bayerische Kultserien: Herr Linkemann, ich zähle mal auf: Kluftinger Krimis, Eberhofer Krimis, Starnberg Krimi, Tatort, Polizeiruf 110, München 7, Hindafing, Toni, männlich, Hebamme, Servus Baby, Eine ganz heiße Nummer und ganz frisch Neue Geschichten vom Pumuckl. Kann es sein, das sie ein besonderer Liebling bei Regisseuren für bayerische Produktionen sind?

Frederic Linkemann: (lacht) Ohje, das kann ich so gar nicht beantworten. Da müssen sie die Regisseure fragen, oder die Produktionen. Aber sagen wir es mal so: Ich glaube es gibt nie viel Stress mit mir. (lacht)

B K: Haben Sie vor dem aktuellen Film „Morin“ schon mal bei einer Produktion mitgespielt, die sich in diesem Maß mit der Zukunft beschäftigt?

F L: Nein gar nicht. Das war das erste Mal und auch relativ spannend, weil ich auch nicht wusste, wie das genau umgesetzt wird. Was fahren die dann z.B. für Autos oder Fahrräder oder was auch immer. Das gab es für mich in dieser Form noch nicht.

B K: Bereitet man sich auf so eine Rolle anders vor, als beispielsweise für eine Komödie?

F L: Nein, würde ich jetzt nicht behaupten. Ich finde meine Rolle „Steven“ lebt halt einfach in der Zukunft und ist Vater. Da geht es auch nicht darum, die neuen Technologien zu bespielen. Deswegen habe ich ihn eigentlich ganz normal gespielt, weil es für ihn in dem Moment einfach die Gegenwart ist. Man beschäftigt sich natürlich mit den Problemen, die im Drehbuch für diese Rolle auftauchen, aber sonst bin ich da relativ frei rangegangen.

B K: Sie selbst sind noch kein Vater. Konnten Sie sich trotzdem mit der Rolle und der Haltung von „Steven“ identifizieren?

F L: In gewisser Weise schon. Ich kenne solche Leistungsgeschichten von früher. Ich komme aus dem Allgäu und da gab es viele, die z.B. in einem Sportinternat waren oder Skifahrer, die diesen Leistungsdruck hatten. Das waren Klassenkameraden und die hatten zum Teil vor der Schule noch Training, dann hatten sie Mittagessen, dann Training, dann Hausaufgaben machen und abends noch mal Training. So ein Leben habe ich mir nie vorstellen können. Hinter solchen Entscheidungen stehen natürlich auch erstmal die Eltern, die sagen „Das ziehst du jetzt durch. Wenn du gut sein willst, dann musst du das machen“. Viele haben das dann auch aufgeben, als sie älter wurden und selber entschieden haben. Ich glaube das ist das Wichtigste. Wenn ein Kind Lust darauf hat, dann muss es dazu stehen und dabeibleiben. Wenn es zuviel wird oder die Lust nicht mehr da ist, dann muss man vielleicht die Notbremse ziehen. Deswegen denke ich, dass hauptsächlich das Kind gefragt werden sollte und erst dann die Eltern einschreiten können. Ich wüsste jetzt aber auch nicht, wie ich reagieren würde, wenn psychische Probleme dazu kommen. Im Film ist es für „Morin“ der große Traum, deswegen wird er da unterstützt. Die Veränderung, die er dann durchmacht, gehört zwar dazu, kann aber trotzdem hinterfragt werden, ob es so sein muss.

B K: Macht so eine Rolle mehr Spaß, als eine ausnahmslos lustige?

F L: Komödie ist einfach eine eigene Sache, aber ich spiele gerne ernstere Rollen. Ich habe jetzt z.B. auch Nazi-Rollen gespielt, die so weit weg vom mir persönlich sind, wie man es sich gar nicht vorstellen kann. Aber so etwas zu spielen macht schauspielerisch einfach Spaß. Ich würde jetzt nicht behaupten, dass meine Rolle bei „Morin“ eine wahnsinnig ernste ist, aber eben eine, wo es nicht darum geht einen Gag zu machen oder einen Psycho zu spielen. Es ist einfach ein Familienvater, der seine eigenen Probleme mit sich trägt und sich Gedanken und Sorgen macht. Und auch mit so einer Rolle kann man viel machen.

Frederic Linkemann in "Die Wannseekonferenz"

© ZDF/JULIA TERJUNG

B K: Ihre Kollegin Marlene Morreis, die im Film Ihre Frau spielt, meinte: Es macht einen Unterschied, ob man von einem heiteren Dreh Nachhause kommt, oder ob man ein schweres Drama gedreht hat.

F L: Das ist tatsächlich bei mir auch so. Bei „Morin“ war das jetzt nicht der Fall, aber z.B. bei „Die Wannseekonferenz“. Das war wirklich hart und mitten im Lockdown. Da war uns auch verboten worden uns danach privat zu treffen. Bei so einem harten Stoff ist es normalerweise ganz befreiend, wenn man danach mit den Kollegen z.B. noch ein Bier trinken kann und das ein wenig aus dem Kopf bekommt. Das war hier nicht möglich. Da habe ich zum ersten Mal bei Drehen auch schlecht geschlafen. Ich behaupte aber jetzt Mal: Wäre die ganze Situation außenrum nicht so gewesen, dann wäre auch der Film anders geworden. So hatte es vielleicht auch sein Gutes. Deswegen, klar solche Themen beschäftigen einen anders.

B K: Mit Marlene Morreis haben Sie ja schon wirklich sehr oft zusammen gespielt und Ihrer beider Karriere ist ja auch recht simultan verlaufen. Wie sehr hilft das, wenn man sich so gut kennt?

F L: Das ist natürlich super und wie, als wenn man mit einer guten Freundin dreht. Da muss man kein Blatt vor dem Mund nehmen und das ist sehr angenehm. Deswegen gibt es da nie Probleme, wenn ich mit Marlene drehe. Weil die Kommunikation eben so einfach ist und man kein schlechtes Gefühl kriegt, wenn man mal anderer Meinung ist. Wenn man jemand vorher nicht kennt, dann weiß man auch nicht, wie derjenige reagiert bei bestimmten Vorschlägen oder Änderungen.

B K: Auch ihr habe ich gesagt, dass es noch Fans gibt, die der Serie „Schafkopf – A bissel was geht immer“, bei der Sie auch mit dabei waren, nachtrauern.

F L: (lacht) „Schafkopf“, meine Güte. Lang ist’s her. (überlegt) Das war tatsächlich mein erstes größeres Projekt damals.

B K: Finden Sie es gut, dass sich auch in Deutschland mittlerweile beim Fernsehen etwas mehr in Richtung „Near Future“ tut?

F L: (überlegt) Ja klar. Vorher hat sich ja nie jemand wirklich mit Zukunft beschäftigt. Das sieht man allein schon an der Klimakrise, wo man ein bisschen die Scheuklappen dicht gemacht und gehofft hat, dass alles gut wird. Ich finde es schwierig in die Zukunft zu blicken. Auch im Film sind die Technologien erstmal fiktiv und man weiß nicht, was wirklich kommen wird.

B K: Sind solche Dystopien auch irgendwie beängstigend?

F L: (überlegt) Ich weiß nicht. Wenn uns vor 20 Jahren jemand gesagt hätte, dass es eine Uhr geben wird, die automatisch den Notruf verständigt, wenn man umfällt, dann hätte das auch keiner geglaubt. Ich denke man wächst da mit. Diese Geschehnisse kommen ja nicht von heute auf morgen. Man wächst ja damit auf und deswegen spielt Angst da bei mir nicht mit rein.

B K: Ihre Rollen sind ja nicht immer sympathisch. Und ich habe auch gelesen, dass Sie gerne ein richtiges „Arschloch“ spielen. Ist das noch so?

F L: (lacht) Natürlich. Das macht einfach am meisten Spaß. Weil man ja jemanden spielt, der man nicht ist. Zumindest würde ich jetzt mal grob behaupten, ich bin kein Arschloch. (lacht) Da kann man aber schön rumprobieren, wie man sich eines vorstellt. Bei „Das Boot“ und „Der Pass“, habe ich auch zwei richtige Unsympathen gespielt und das macht richtig Spaß. Es sind für mich auch die interessanteren Rollen, weil sie viel weiter von einem selbst Weg sind.

B K: Mit Sicherheit haben die Eberhofer-Krimis auch dazu beigetragen, dass Ihr Gesicht noch bekannter geworden ist. Auf welche Rolle werden Sie denn am meisten angesprochen?

F L: Das war anfangs tatsächlich die Rolle aus der „Eberhofer“-Reihe, was verrückt ist, weili ich da ja keine großen Auftritte habe. Mittlerweile wird aber auch oft „Toni, männlich, Hebamme“ erwähnt. Als fiese Charaktere erkennt man mich bestimmt auch aus anderen Filmen oder Serien, aber da trauen sich die Leute wahrscheinlich nicht so oft einen anzusprechen. (lacht) Ich werde öfter auf die „seichteren“ Rollen angesprochen. Eben auf die, die auch jeder im Fernsehen sehen kann und nicht nur im Streaming laufen.

B K: Ist es ein anderes Arbeiten, wenn Formate von Beginn an darauf konzipiert sind beim Streamingdienst oder in der Mediathek zu laufen? Ich denk da an „Servus Baby“ oder auch „Hindafing“.

F L: Bei „Servus Baby“ war es klar, dass es auch im analogen Fernsehen laufen wird, von dem her ist das kein anderes arbeiten und am Set genau gleich. Ebenso bei „Hindafing“. Natürlich sind die Bücher da anders geschrieben. Eben mehr auf Serie oder zum Teil mit Cliffhanger, aber im Grunde ist das arbeiten relativ gleich.

B K: Sie wollten ursprünglich gar kein Schauspieler werden, richtig?

F L: Ja, ich wollte eigentlich Grafik und Design machen. Nach der elften Klasse bin ich in Oberstdorf vom Gymnasium auf die Fachoberschule für Gestaltung in Augsburg gegangen. Da habe ich mein Fachabitur in Gestaltung gemacht, weil das eigentlich mein großer Plan war. Es kam dann aber anders, weil ich auf dieser Schule auch Schultheater gespielt habe und mein damaliger Deutsch- und Theaterlehrer gesagt hat, dass er bei mir viel Talent sieht. Er brachte mich auf die Idee sich bei einer Schauspielschule zu bewerben. Es hat dann zwar etwas gedauert und ich hatte viele Vorsprechen, aber es hat sich dann doch gelohnt. (lacht) 

B K: Ich muss die Frage stellen Herr Linkemann, weil es doch ein prägnantes Merkmal ist. Wann und wie wird entschieden, ob bei Ihnen der Schnurrbart weg kommt?

F L: (lacht) Im Grunde entscheide ich das selber. Ich trage ihn ja auch privat und liebe meinen Schnurrbart. Es sind tatsächlich besondere Projekte, wenn er mal weg ist. Sagen wir es mal so: Ich frage immer nach ob es zwingend notwendig ist, dass er weg muss. Und es muss mit anderen Produktionen passen. Letztes Jahr hatte ich z.B. fünf Produktionen und davon glaube ich drei parallel. Hier heißt es dann, wer zuerst kommt malt zuerst. (lacht) Das heißt, wenn er für eine jeweilige Produktion gesetzt ist, dann steht der Schnurrbart und die anderen müssen das so annehmen. (lacht) Ein Regisseur muss bei mir schon sehr gut argumentieren, wenn er unbedingt weg soll.

B K: Dann gab es bei Ihnen noch die einen Fake-Schnurrbart?

F L: Doch, bei einem Eberhofer-Film hatte ich sogar mal einen, ich weiß aber nicht mehr welcher. Da war es eben so, das eine Produktion davor gesagt hat: „Bitte ohne Schnurrbart“. Beim Eberhofer ging es natürlich nicht ohne. Da bin ich nun mal der „Karl Stopfer“ und brauche einen Schnurrbart. (lacht)

B K: Eine bestimmte Serie mit Ihrer Beteiligung ist ebenfalls vor kurzem angelaufen und dazu muss ich fragen: Sind Sie FC Bayern Fan?

F L: Ich bin kein Hardcore Fan, aber es ist auf jeden Fall der Verein, mit dem ich sympathisiere und gelegentlich mal in Stadion gehe. Wenn Fußball, dann nur der FC Bayern. (lacht)

B K: Dann gehe ich davon aus, dass die Serie "Gute Freunde - Der Aufstieg des FC Bayern" Ihnen auch Spaß gemacht hat?

F L: Das war super! Da wollte ich auch unbedingt dabei sein. Ich schätze auch den Regisseur David Dietl, der ein guter Freund von mir ist. Eine Serie über die Anfänge des FC Bayern ist ja ein Traum für jeden Fußball-Fan.

B K: Ebenfalls demnächst zu sehen: "Neue Geschichten vom Pumuckl". Da gab es im Vorfeld ja viele Diskussionen. Es gab viele Stimmen, die sich empört haben, dass diese Serie fortgesetzt wird. Hatten Sie da auch Bedenken?

F L: (überlegt) Ja, Bedenken hat man natürlich. Sich an so einen Stoff ranzutrauen, da braucht es viel Mut, weil man weiß, dass man hier schnell zerrissen werden kann. Die Geschichten von und um "Pumuckl" haben eine riesige Fanbase. Klar war da eine gewisse Angst da. Ich wurde zum Casting eingeladen und wurde dann als besten Freund für den Neffen vom Meister Eder besetzt, der hervorragend von Florian Brückner verkörpert wird. Man fühlt sich geehrt bei so einem Projekt dabei zu sein.

B K: Das ist tatsächlich so, oder?

F L: Ja das ist richtig geil, wenn ich das so sagen darf. Ich weiß nicht, ob Du schon etwas gesehen hast?

B K: Ja, die Folgen, die schon als Kinofilm liefen.

F L: Ich bin da richtig sentimental geworden und meine Freundin hat sogar geweint. Es ist einfach so schön. Man merkt dann einfach was für ein besonderes Ding hier entstanden ist und was der Rosi (Regisseur Marcus H. Rosenmüller) hier geschafft hat. Es gab auch beim Drehen keine Zweifel mehr, ob das gut wird oder nicht, auch wenn man sich nicht sicher ist, wie die älteren Fans reagieren. Wie ich aber jetzt aus vielen Kritiken herauslese und höre, ist die Meinung, dass hier etwas wunderschönes entstanden ist. Nicht nur ein Kinderfilm, sondern auch etwas nostalgisches für die Älteren Fans, die sich das anschauen und zurückversetzt werden, in die Zeit mit Gustl Bayrhammer als Meister Eder. Das ist ein gemeinsames Erlebnis, dass alle gut finden.

© NEUE SUPER GmbH

B K: Auf die weiteren Folgen sind wirklich viele Fans sehr gespannt.

F L: Da kann man sich wirklich freuen. Die Geschichten sind so schön. Als ich damals das Drehbuch gelesen habe, war ich sofort in diese Zeit versetzt. Es wurde ja auch mit einfachen Mitteln und ohne Special Effects gedreht. Außer jetzt natürlich bei der Pumucklfigur an sich. Alles andere war wie früher. Wenn also z.B. eine Salami vom Tische geklaut wurde, dann war die an einem Faden befestigt. Ich finde das einfach geil.

B K: Gibt es eine bayerische Serie, die Sie selber immer wieder gerne sehen?

F L: Da würde ich jetzt „Irgendwie und Sowieso“ nennen. Und… (überlegt lange) tatsächlich muss ich hier jetzt ein Geständnis machen, dass viele erschrecken wird: Ich habe tatsächlich bis heute noch nie „Monaco Franze“ komplett gesehen. Mein Freund Simon Pearce schimpft mich da sehr und hat mir auch schon die DVD’s hingelegt. „Das musst du gucken!“.

B K: Da weiß ich jetzt tatsächlich nicht, ob ich das Ihnen zuliebe schreiben soll, oder nicht. Aber Sie versprechen es jetzt einfach, dass so bald wie möglich nachzuholen.

F L: (lacht) Ja, ich bemühe mich.

B K: Trotz diese Fauxpas, vielen Dank für das Gespräch.

F L: (lacht) Sehr gerne!

 

 
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