Bayerische Kultserien:
Wäre
„Hubert ohne Staller“ eine Rockband, welche wäre das?
Katharina Müller-Elmau:
(lacht
und überlegt)
Etwas zwischen den Toten Hosen, Red Hot Chili Peppers und Fredl Fesl. (lacht)
B K:
Ich
frage natürlich, weil Sie selber mal in einer Rockband gespielt haben. Stehen
Sie noch auf die Musik, die Sie früher mit der Band „Freaky Fukin Weirdoz“
gespielt haben?

© Gärtnerei Schullian |
K M-E:
Tageweise.
Ich gehe tatsächlich noch auf solche Konzerte. Nicht in die riesig großen
Hallen, denn da sieht man das, was auf der Bühne stattfindet ja nur auf der
Leinwand und die Musiker sind nur so kleine Pünktchen am Horizont. Da gehe
ich lieber in kleine Clubs, in denen man auch weiter nach vorne kann.
Allerdings muss ich dann doch feststellen, dass es sehr laut ist. (lacht)
Aber mich interessiert die Energie, die zwischen Bühne und Publikum
passiert. Das geht mir manchmal schon ein bisschen ab.
B K:
Spielen Sie noch Musik?
|
K M-E:
Ja, aber ganz
behutsam. (lacht) Als ich in dieser Band gespielt habe, war ich noch echt
jung. Danach habe ich ja noch in einer Swing-Band mit dem Namen „Die blauen
Engel“ gespielt. Das ist ja auch schon etwas zurückgenommener. Jetzt mache ich
bei der Show „The Harmony Game“ von Simon & Garfunkel eher Folkmusik.
B K:
Sie
haben mal „Hubert ohne Staller“ als „Antidepressivum“ erster Güte bezeichnet.
K M-E:
Das
ist so das Feedback der Leute. Wenn mir auf der Straße
zwei Damen erzählen: „Ich muss ihnen sagen, dass wir sie immer gerne schauen,
weil man da so gute Laune bekommt“, dann ist das doch perfekt. Schalten sie
gerne weiter ein. (lacht)
B K:
Sie
sind schon seit sechs Staffeln dabei. Das heißt, Sie sind dadurch eine
„Optimistin erster Güte“?
K M-E:
(lacht)
Übertreiben sie nicht. Manchmal finde ich es ganz gut, daran zu glauben, dass
Dinge schön und gut sein können. Das finde ich schon wichtig. Dem Fatalismus
muss man nicht immer so viel Raum geben.
B K:
Wie
optimistisch muss die Revierleiterin Sabine Kaiser sein, um so lange mit so
einem Team zusammenzuarbeiten?
K M-E:
Maximal! (lacht) Das gelingt ihr natürlich nicht. Wobei es sie ja
eigentlich gar nicht überraschen dürfte. Sie weiß doch, womit sie es zu tun hat.
Aber sie hofft glaube ich immer noch, dass die Männer entwicklungsfähig sind.
Aber das sind sie nicht. (lacht)

© ARD/TMG/EmanuelA. Klempa
B K:
Das
nennt man wirklich maximalen Optimismus. In den neuen Folgen wird u.a. ein
Musiker im See versenkt, eine Leiche im Sand verbuddelt und ein Opfer endet im
Beton. Warum funktioniert bei „Hubert ohne Staller“ die Kombi aus Krimi und
Komödie so gut?
K M-E:
Ich
glaube wir versuchen erst gar nicht seriöse Polizisten zu sein. Es ist herrlich
dabei zuzusehen, wie die Arbeit der Polizei, die ja eigentlich alles richtig
macht, gesetzestreu und dein Freund und Helfer ist, gebrochen wird. Denn im
Wolfratshausener Revier findet das ja alles überhaupt nicht statt. Dort wird
nicht Dienst nach Vorschrift gemacht, sondern eigentlich zwischen den Regeln
manövriert. Aber das sehr erfolgreich, denn der Mord wird immer aufgeklärt.
Deswegen kann die Kaiser ja auch nichts sagen. WIE sie es schaffen, muss sie
halt immer vor einer höheren Behörde gerechtfertigt werden und das ist ihr
Stress. Aber ist es nicht beeindruckend, wie es mit diesen Methoden immer wieder
geschafft wird? Deshalb drückt sie auch immer sämtliche Augen dabei zu.
B K:
Beim
„Open-Air-Kino-Sommer” in Starnberg durften hunderte Fans schon die Folgen
„Eiskalt serviert“ und „Tote Zeugen singen nicht“ sehen. Wie erleben Sie solche
Veranstaltungen?
K M-E:
Ich
finde das total cool. Wenn man für die Kamera, sprich Fernsehen und Film
arbeitet, hat man mit dem Publikum ja selten eine Berührung. Das so geballt mal
zu erleben und außerdem zu sehen, dass unsere Zuschauer auch total jung sind,
ist toll. Zwölfjährige, die mit ihren Eltern von wirklich weit her angereist
sind und die Serie lieben. Deswegen ist so ein Event schön und fühlt sich auch
fast familiär an, weil viele auch schon so lange dabei und deswegen auch sehr
loyal sind. So ein Publikum ist ja total wichtig für uns, sonst könnten wir das
nicht drehen.
B K:
Wann
würden Sie für sich etwas als „Kult“ definieren?
K M-E:
(überlegt)
Wenn etwas eine Ausstrahlung besitzt, die bei den Leuten etwas Tieferes auslöst,
als einfach nur ein „Hype“. Hypes vergehen, Kult bleibt immer. „Das war ja voll
Kult“ hat auch eine viel höhere Bedeutung, als „das war ein Hype“. Man ist auch
lieber Kult als Hipp. Das ist also schon ein kleiner Ritterschlag und hat etwas
mit Beständigkeit und einer Art Geheimbund zu tun. Wenn jemand auf den gleichen
Kult steht, wie man selber, dann fühlt man sich gleich verbunden.
B K:
Ist das
ein ähnliches Phänomen, wie bei den Eberhofer-Filmen, wo das Ensemble mit der
Skurrilität der einzelnen Figuren so gut passt? Wobei das trotzdem noch mal eine
andere Art Humor ist.
K M-E:
Absolut. Da gibt es durchaus Parallelen. Die bayerische Mentalität und der
Umgang damit ist schon ähnlich. Auch wenn es brennt zu sagen: „Joa, dann fahr ma
hoid hin“. (lacht) Da ist nie höchste Eisenbahn angesagt. Das wäre viel
zu preußisch.
B K:
Es ist
nun wieder Oktoberfest in München. In einer Folge schlüpfen Sie auch ins Dirndl.
Sind Sie privat Trachtenträgerin und gehen auf die Wiesn?
K M-E:
Nein. Es gibt es schon immer wieder Gelegenheiten, bei denen man doch ein Dirndl
anzieht. Ich habe also schon eins, allerdings erst seit drei Jahren. Davor habe
ich mir immer eines geliehen wenn ich es brauchte. Ich bin auch keine
Wiesngängerin. Aber ich finde, jede Frau sieht im Dirndl gut aus. Das macht
einfach etwas her.

Katharina
Müller-Elmau und Brigitte
Walbrun in der
Folge "Wer schön sein will, muss leiden"
(2025)
© ARD/Thomas Neumeier
B K:
Frau
Kaiser ist keine Revierleiterin, wie man sie sich im herkömmlichen Sinn
vorstellen würde.
K M-E:
Wie
stellt man sich denn eine Revierleiterin vor? (lacht)
B K:
Vielleicht doch etwas biederer. Frau Kaiser fährt Sportwagen und trägt enge
Lederhosen. Ich habe gelesen, dass das Outfit auch Ihrer Idee entstammt?
K M-E:
Ich
habe da ein großes Vorbild. In der Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“, hatte
Emma Peel als Geheimagentin ein schwarzes enges Catsuite und einen englischen
Sportwagen. Da dachte ich mir, das mach ich doch auch. (grinst) Etwas
Biederes und Spießiges wäre zu nahe liegend. Da würde man sich doch auch fragen,
was so eine Leiterin in diesem Revier verloren hat. Deshalb ist das stimmiger,
wenn sie auch ein bisschen außerhalb des „normalen“ liegt.
B K:
Die
Lieblingsfrage für Schauspielerinnen und Schauspieler ist immer: Wie viel von
der Rolle steckt in Ihnen? Soll ich mir diese sparen, oder gibt es da
tatsächlich etwas?
K M-E:
(lacht)
Ich sage Ihnen jetzt mal eine Theorie bzw. eine Behauptung: Dadurch, dass wir
etwas darstellen, ist es immer zu 100% etwas von uns. Es ist die Fantasie, die
Art, die Interpretation und die Auffassung der Rolle, die ich in dem Moment
habe. Kombiniert natürlich mit den Einflüssen, die man dann bei der Arbeit mit
den Kollegen und dem Regisseur hat. Du schöpfst also immer aus dir, auch wenn im
Privatleben dann höchstens nur Fragmente davon vorhanden sind. Wenn ich eine
Mörderin spiele, bin ich das natürlich nicht, aber es gebe vielleicht
Situationen, bei denen ich das könnte. Die gibt es für jeden. Wo finde ich
diesen Teil und wie hole ich den für eine Rolle raus. Das sind dann MEINE
Interpretation und damit ein Teil von mir. Das ist ja das spannende. Die Frage
mögen Schauspieler deshalb vielleicht nicht, weil wir uns dann ein wenig nackig
machen. (lacht) „Ja, ich bin in echt auch so!“ oder „Nein, ich bin gar
nicht so!“. (lacht) Ich überlasse das gerne den Leuten, was sie darin
sehen möchten.
B
K:
Bekommen Sie für diese Rolle auch
negative
Reaktionen auf der Straße, wenn Leute Sie erkennen?
K
M-E:
(überlegt)
Bei dieser
Serie eigentlich gar nicht. Das finden die Zuschauer recht lustig und
gemütlich und können die Rolle der Sabine Kaiser gut nachvollziehen. „Mei,
mit denen hams immer vui Ärger, gell! I find des so toll wie sie immer mit
denen schimpfen.“ (lacht) Ich war auch eine zeitlang im Krimi-Genre
als die Böse unterwegs. Und da wird man nicht angesprochen, sondern eher
misstrauisch beäugt. (lacht) Manche nehmen das, was sie da sehen
schon ziemlich ernst.
B K:
Sie
sind nun schon fast länger dabei, als der Kollege Helmfried von Lüttichau
weg ist. Hätten Sie sich damals, als Sie angetreten sind, vorstellen können,
dass es noch so viele Staffeln werden?
K
M-E:
Ja.
(lacht) Vorstellen konnte ich es mir. Dass es so viele werden habe ich
natürlich nur gehofft. Es scheint zu funktionieren und das ist ein totaler
Glücksfall.
|

"Hubert ohne Staller"
Staffel 11, Folge 09: "Der Geschmack von Chrom und Leder"
(2022) |
B K:
Was
haben Sie damals gedacht, als das Angebot kam?
K M-E:
Ich
wurde damals ja mit vielen anderen für diese Rolle gecastet. Gedacht habe ich
mir: „Das ist genau meins!“ (lacht) Ich hatte auch ein bisschen
Heimvorteil, weil ich viele Kollegen schon gut kannte und wir auch Lust hatten
miteinander zu spielen. Wie das letztendlich in der Konstellation funktioniert,
entscheidet natürlich der Sender. Und auf jeden Fall die Zuschauer.
B K:
Bei
„Hubert ohne Staller“ sind auch immer wieder namhafte Gaststars mit dabei. Wen
hätten Sie denn mal gerne in der Serie?
K M-E:
(lacht) Ich könnte jetzt natürlich eine Fantasie-Antwort geben und „Johnny Depp“
sagen. Aber wenn wir realistisch bleiben wollen… (überlegt)
da
fallen mir so viele ein, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.
B K:
Sie
gehören in dritter Generation zu einer großen Theaterfamilie.
K M-E:
Sogar in der vierten Generation. Ich habe einen Urgroßvater ausgegraben, der in
den 10er Jahren des letzten Jahrhunderts in Breslau Varietekünstler war.
B K:
War
damit Ihr Weg vorgezeichnet, oder hätten Sie auch einen anderen Karrierewunsch
gehabt?
K M-E:
Ich
hätte alles Mögliche machen können- Die Freiheit hätte ich gehabt und mich hat
niemand gezwungen Künstler zu werden. (lacht) Aber ich fühle mich in
anderen Bereichen nicht so Zuhause wie in diesem. Das ist einfach sehr vertraut
und hat viel mit mir und natürlich auch mit meiner Herkunft zu tun. Ich könnte
mir nicht vorstellen etwas anderes zu machen. Außer Rockstar, klar. (lacht)
B K:
Es ist
kaum zu glauben, aber Sie sind tatsächlich schon seit den 80er Jahren im
Fernsehen zu sehen.
K M-E:
Ja
das stimmt. Das war glaube ich 1983, als ich mit 18 Jahren eine völlig schräge
Serie gedreht habe. Da waren Leute wie Max Tidof, Sebastian Koch und ich glaube
noch einige andere dabei, die späte große Karriere gemacht haben.
B K:
Tatsächlich war auch die Serie „Hammer & Sichl“ beliebt bei vielen Fans. Auch
eine Serie von Oliver Mielke mit Wolfgang Fierek in der Hauptrolle. Wie war die
Arbeit mit ihm?
K M-E:
Total cool.
Ein extrem
lässiger und angenehmer Kollege. Wir haben uns sehr gut verstanden und es war
ein einfaches und entspanntes Arbeiten.

Bild: BR/Chris Hirschhäuser
B K:
Auf der
Bühne am Residenztheater haben Sie beim „Brander Kaspar“ noch mit Größen wie
Gustl Bayrhammer, Toni Berger oder Willy Harlander gespielt. Wer hat Sie da am
meisten beeindruckt?
K M-E:
Toni
Berger.
Das war an den
Abenden natürlich seine Glanzrolle, die er jedes Mal wieder völlig frisch und
neu gespielt hat. Bis ins hohe Alter. Auf der Bühne hatten wir gar nicht so viel
miteinander zu tun, weil sich meine Figur und seine bei dem Stück nicht begegnet
sind. Aber so hatte ich immer die Gelegenheit in der Gasse zu sitzen und ihm
zuzuschauen. Wow, das war schon toll. Ich war ja noch ziemlich jung und die
hatten damals schon alle Karriere gemacht. Die kamen von ihren Wohnsitzen vom
Land in die Stadt, brachten Speck und selbstgebrannten Schnaps mit und haben uns
Jungen in der Pause ihre Theateranekdoten erzählt. Ich saß da und habe nur
gelauscht und gestaunt. Da wird man als junge Frau von so alten Haudegen
aufgenommen und die waren wirklich alle wahnsinnig nett. Das war eine sehr
schöne Erfahrung.
B K:
Sie
sind in Göttingen geboren, durch Musik und Schauspiel aber wohl schnell mit
München verbunden gewesen?
K M-E:
Naja, erstmal bin ich durch die verschiedenen Engagements meines Vaters durch
die Republik gereist, bevor ich dann mit ca. 20 Jahren hier gelandet bin.
B K:
Sie
haben ja beim Brandner Kaspar auch mit bayerischem Dialekt gespielt.
K M-E:
Ja.
Und die haben sehr darauf geachtet, dass das alles korrekt ist. Gottseidank habe
ich ein Ohr für Dialekte und kannte den von der Familie meiner Mutter, das
machte es ein bisschen einfacher beim Lernen. Bayerisch ist sonst nämlich einer
der schwersten Dialekte. Die haben mich natürlich ganz schön geschliffen und
gefeilt was das angeht und nichts durchgehen lassen. (lacht)
B K:
Natürlich ist meine letzte Frage die, nach Ihrer persönlichen bayerischen
Lieblingsserie.
K M-E:
Ich
liebe natürlich „Kir Royal“ und „Monaco Franze“. Die Helmut Dietl-Serien sind da
schon ganz weit vorne.
B K:
Hätten
Sie gerne mal mit ihm gearbeitet?
K M-E:
(überlegt)
Ach, wahrscheinlich schon, aber ich denke immer: Sachen die passieren sollen,
die passieren schon. Auch wenn ich z.B. mal eine Rolle nicht kriege, für die ich
vielleicht angedacht war und die dann eine Kollegin bekommt. Der erste Gedanke,
der dann bei mir aufpoppt ist: Wenn es meine Rolle gewesen wäre, dann hätte ich
sie bekommen. Das Gefühl von Neid interessiert mich nicht.
B K:
Ich
habe den Eindruck gewonnen, dass Sie niemand sind, die etwas hinterher trauert.
Ein „hätte, wäre, wenn“ ist glaube ich nicht Ihr Denken.
K M-E:
Nein. Das ist Kalorienverschwendung. (lacht)
"Hubert ohne Staller" meldet sich am 15. Oktober 2025 zurück im
Ersten. Neue Kriminalfälle erwarten uns wie gewohnt stets mittwochs um 18:50
Uhr. Zunächst laufen bis zum 5. November die restlichen vier Folgen aus Staffel
12. Die 13. Season feiert demnach am 12.
November 2025 Premiere.
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