Interview mit Andrea Schneider

(27.10.2025 Freising - zum Start der 13. Staffel)

 

@ Urban Ruths

Bayerische Kultserien: Erste Frage: Lieber München, Wolfratshausen oder Mauritius?

Andrea Schneider: Ich bin der Sommertyp. Ich glaube Mauritius wäre mir zu dieser Jahreszeit ganz lieb. (lacht) Wobei ja alles seinen Charme hat. Aber Mauritius war schon unbeschreiblich schön.

B K: Du bist ja beim Staffelauftakt der neuen „Hubert ohne Staller“-Folgen mit dabei. Kannst Du kurz verraten, worum es geht?

A S: Was ich schon mal sagen kann, ist, dass ich direkt in der ersten Folge Fiona Ewald spiele, die in keiner guten Beziehung gefangen ist und sich entschieden hat, ihren Mann zu verlassen. Hubert und seine Kollegin Christina Bayer machen ihr da aber einen kleinen Strich durch die Rechnung, indem sie auf einmal vor ihr stehen, während sie gerade die Umzugskartons rausschleppt.

B K: Zuviel Spoilern wollen wir natürlich nicht. Wie kamst Du zu der Rolle?

A S: Das war lustig, weil ich den Regisseur Manuel Weiss ein paar Monate zuvor bei einem Filmfestival kennen gelernt hatte. Danach habe ich ihm meine Unterlagen geschickt, mit dem Hinweis, dass er sich ja melden kann, falls es mal passt. Ein paar Wochen später hat es dann direkt gepasst. (lacht) Nach der Anfrage und dem Lesen des Drehbuchs, habe ich sehr gerne zugesagt.

B K: Es ist mittlerweile schon die 13. Staffel bei „Hubert ohne Staller“. Wie ist es, wenn man zu so einem eingespielten Ensemble dazukommt?

A S: Das ist immer wieder ein Abenteuer. Ich bin jemand, der auch gerne in einem festen Team arbeitet. Deswegen war der Dreh von „Club Las Piranjas“ damals ein Traum für mich, weil ich hier 12 Wochen ein festes Team um mich rum hatte. Man hat bei Hubert ohne Staller schon gemerkt, welche Dinge am Set ähnlich laufen. Aber sie waren sehr aufgeschlossen neuen Leuten gegenüber, total lieb und es hat richtig Spaß gemacht.

B K: Mit wem hattest Du denn die meisten Szenen?

A S: Ich habe  mit Christian Tramitz und Mitsou Jung gedreht.

B K: Warum glaubst Du ist die Serie so beliebt?

A S: Ich glaube, sie nehmen sich selbst nicht so ernst und das gefällt den Leuten. Es ist eine Art verbaler Slapstick und ich denke, in einer Zeit wie heute, brauchen die Zuschauer so etwas. Dazu noch der bayerische Dialekt, das holt das Publikum komplett ab. Obwohl die Fans das Schema der Serie kennen, freuen sie sich, wenn es auch genau so passiert. Da macht das Zuschauen Spaß.

B K: Hast Du „Hubert ohne Staller“ auch davor schon geguckt?

A S: Ja. Ich selbst liebe die Serie auch und habe mich sehr über die Rolle gefreut.

 

am Set von "Hubert ohne Staller" (@ Andrea Schneider privat)

B K: Mit bayerischen Kommissaren hattest Du ja schon mal zu tun. Beim Münchner Tatort „Kehraus“ wars Du ebenfalls dabei. Wie war das Mitwirken bei solch einer Produktion?

A S: Das war spannend, weil wir zum Ende der Corona-Zeit eine Faschingssituation gedreht haben und das unter krassen Auflagen darstellen mussten. Die Ausstrahlung hat sich dann auch etwas verzögert, weil man während der Pandemie keine Faschingsfolge senden wollte. Mit den beiden Kommissaren zu drehen und sie beim Spiel zu beobachten war auch eine tolle Erfahrung. Auch Johanna Bittenbinder & Nina Proll, die bei dieser Folge dabei waren, waren großartig.

B K: Du kommst ursprünglich aus Hessen. Seit wann bist Du in Bayern ansässig?

A S: Seit ca. 15 Jahren mittlerweile.

B K: Ich habe gelesen, dass Du eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin hast. Musstest Du für eine Rolle schon mal mit bayerischem Dialekt sprechen?

A S: Ja, beim Tatort „Kehraus“ hat mich die Regisseurin tatsächlich gebeten, bayerisch zu sprechen. Ich dachte mir: gut, dann hole ich mein bestes Bayerisch raus. Worauf sie mir entgegnete: „Nein, nein. Wie ein Bayer, der versucht Hochdeutsch zu sprechen“.  (lacht) Also noch mal eine andere Herausforderung.

B K: Da sollte man schon vorsichtig sein in Bayern, wenn der Dialekt nicht ganz passt.

A S: Das stimmt. Vielleicht hat man mich deshalb bis jetzt auch davor bewahrt. (lacht) Wobei ich wirklich viele Freunde und Bekannte habe, die meinen: „Mittlerweile glaubt man dir schon, dass du lange hier bist!“. Durch die Schauspielausbildung habe ich auch etwas Gefühl für die Musikalität der Dialekte.

B K: Ab wann hast Du gemerkt, dass Du vor der Kamera und auf der Bühne stehen willst?

A S: Tatsächlich schon seit Kindestagen. Da ich aber so ländlich aufgewachsen bin und niemand in meinem Umfeld eine Künstlerkarriere angestrebt hatte, wusste ich gar nicht, dass man damit seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Deswegen habe ich erstmal den „vernünftigen“ Weg gewählt. Denn in Sprachen war ich immer gut. Somit habe ich meinen Eltern zuliebe erstmal etwas Solides gemacht. Danach durfte ich machen, was ich wollte. Und wie bei jeder Selbstständigkeit, dauert es erst mal, bis man reinkommt, aber dann wusste ich, das ist es, was ich machen möchte.

 

mit Angelika Milster (@ Andrea Schneider privat)

B K: Wir haben Mauritius ja schon angesprochen. Vor zwei Jahren standst Du mit anderen großen Namen vor der Kamera. Bei „Club Las Piranjas“ war das zusammen mit Hape Kerkeling, Cordula Stratmann, Benno Fürmann, oder auch Rick Kavanian. Wie ist es mit so einem großen bekannten Cast zu drehen?

A S: Das war schön! Und eine großartige Schule! Ich beobachte solche erfahrenen Schauspieler sehr gerne und nehme mir Sachen mit. Natürlich ist aber auch Respekt dabei. Man kennt die Leute und bewundert sie vielleicht schon seit Kindheitstagen an. Man sagt ja auch: „Never meet your Idol“. Aber die haben alle nicht enttäuscht. Das sind alles tolle Menschen und es war wirklich ein schönes Erlebnis. Gerade Hape ist so ein herzlicher Mensch.

B K: Was hast Du Dir denn z.B. abgeguckt?

A S: Die Gelassenheit und die Entspanntheit gewisse Dinge anzugehen. Dieses „mich bringt hier nichts mehr aus der Ruhe“, ist schon toll. Die Arbeit am Set ist immer mit viel Trubel verbunden. Da wird umgebaut, rumgerannt, etwas geholt und das und jenes noch verbessert. Dabei die Ruhe zu bewahren, habe ich mir abgeguckt.

B K: Neben der Schauspielerei bist Du auch noch Synchronsprecherin und hast einen Podcast mit einer Kollegin. Ist es Dir wichtig verschiedene Dinge machen zu können?

A S: Ja, mir wird sonst schnell langweilig. Der Podcast ist tatsächlich auch während Corona entstanden, als alles so brach lag und keiner wusste, wie es weitergeht. Ich sagte zu Carolin (Carolin Karnuth, Schauspielkollegin): „Ich habe ein Mikro, hol du dir auch eines und dann machen wir das einfach und gucken, wie weit wir kommen.“ Wir haben beide ein Faible für Popkultur und Entertainment-Geschichten, die stattgefunden haben. Darüber haben wir uns privat so viel unterhalten, dass wir gesagt haben, da schauen wir mal, wie das ankommt. Ich glaube, wir haben schon fast 100 Folgen.

@ Urban Ruths

B K: Du bist jemand, der sich sehr für körperlich diverse Besetzung in der Film- und Fernsehbranche einsetzt. Ich muss gestehen, dass ich darüber gar nicht so nachgedacht habe, aber nun schon merke: Stimmt eigentlich, unsere Gesellschaft hat da teilweise schon falsche Vorbilder.

A S: Mir ist das wichtig. Als ich aufgewachsen bin, habe ich niemanden im Fernsehen gesehen, der so ist wie ich. Als ich in die Branche gegangen bin, waren da schon meine Gedanken „bin ich eigentlich gut, so wie ich bin?“. Zum Glück bin ich auf Leute gestoßen, die der Meinung waren, dass man genau solche Leute braucht. Ich habe z.B. die wunderbare Katrin Filzen kennengelernt, die zu ihrer Schauspielschulzeit mit ihrer Rolle im „Marienhof“ als sensible und mehrgewichtige „Meike Port“ bekannt geworden ist. Wir sind sehr gut miteinander befreundet. Sie meinte auch „Wir beide wirken wie Einhörner in dieser Branche!“. Aber man braucht uns, denn wir stellen auch den alltäglichen Menschen dar. Deswegen ist es mir wichtig, dass z.B. auch jugendliche „echte“ Vorbilder im Fernsehen haben und merken: „eigentlich bin ich richtig, so wie ich bin!“. Das sind nicht nur mehrgewichtige Menschen, sondern z.B. auch Menschen mit Behinderung oder kleinerer Körpergröße. Beim Casting wird auch immer wieder darauf geachtet, dass die Leute gleich groß sind, oder kleinere Männer nicht neben großen Frauen drehen. Das ist doch eigentlich blödsinnig. Wie viele Beziehungen sieht man draußen auf der Straße, die unterschiedlich groß oder geformt sind. Das ist die Realität. Aber im Fernsehen wird oft immer alles so homogen zusammengepresst und einheitlich gehalten. Da würde ich mir wünschen, dass endlich aufbrechen zu können. Das ist mein Ansporn.

 

B K: Seltsam, das Fernsehen sollte doch die Realität abbilden.

A S: Muss es sogar. Wir haben einen Medienstaatsvertrag, in dem geregelt ist, dass sich jeder Mensch im Programm wiederfindet. Vielleicht sollten da einige Verantwortliche mal wieder reingucken. (lacht)

B K: Hast Du dann früher gemerkt, dass Du vielleicht nur bestimmte Rollenangebote bekommen hast?

A S: Ja, das ist auch immer noch so. Ich bekomme z.B. vermehrt Comedy-Anfragen, die aber mittlerweile auch etwas besser, smarter und klüger werden. Aber auch mir passiert es hin und wieder noch, dass in der Anfrage steht „Wir brauchen Andrea für die dicke Lustige!“ oder es wird mit Kostüm und Maske noch versucht die Rolle etwas doofer darzustellen. Da werden dann Personen gezeigt, die im Milieu weiter unten dargestellt werden sollen und z.B. keine erfolgreichen Business-Menschen sind.

B K: Du warst auch bei einem Comedy-Format im festen Ensemble beteiligt – „Nicht Dein Ernst!“. Spielte dort das Gewicht eine Rolle?

A S: Ich glaube, das hätte auch jemand ohne Mehrgewicht machen können. Das war eine Adaption eines australischen Formats und meine Rolle wurde dort durch die wunderbare Celeste Barber dargestellt, diese großartige Comedygröße. Das war für mich ein tolles Kompliment. (überlegt) Wahrscheinlich hätte das auch eine schlanke Kollegin spielen können. Ich habe aber auch dort manchmal gemerkt, dass man immer wieder versucht hat, auf „dicke Comedynummern“ zu setzen.

B K: „Nicht Dein Ernst!“ und „Club Las Piranjas” wurden nicht fortgesetzt. „Hubert ohne/und Staller“ gibt es schon sehr lange. Was glaubst Du, warum es manche Formate schwer haben länger zu bestehen?

A S: (überlegt) Ich glaube „Nicht Dein Ernst!“ war gar nicht längerfristig geplant, weil das Original auch nur wenige Staffeln hatte. Sie haben versucht, das auf deutsche Situationen zu übersetzen und da muss man sich eben fragen, ob man genug Ideen findet, die Sinn machen. „Club Las Piranjas“ war auch nie so konzipiert, dass es weitergeht. Wobei natürlich immer alles so geschrieben ist, dass man tendenziell weitermachen könnte. Aber dies Leute alle nochmal zusammenzubringen ist nicht einfach. Hape hatte ja auch schon wieder neue Ideen und z.B. auch den neuen Horst Schlämmer-Film gedreht. Einschaltquoten sind bestimmt ein Faktor, aber die sind gerade, was das Streaming angeht, auch nicht immer einsehbar oder werden offengelegt. Es ist sicher einfach eine Zeit- und Geldfrage. „Nicht Dein Ernst!“ wird aber nach wie vor im WDR wiederholt.

 

mit Hape Kerkeling (@ Andrea Schneider privat)

B K: Wie ist es für Dich sich selber im Fernsehen zu sehen?

A S: (lacht) Man gewöhnt sich mit der Zeit dran. Am Anfang war es nicht einfach, weil ich absolute Perfektionistin bin. Wenn ich dann etwas sehe, wo ich mir denke „Mist, das hättest du besser machen können!“, dann habe ich schlaflose Nächte. (lacht)

B K: Gehört nicht ein gewisser Exhibitionismus zum Beruf?

A S: Ja, aber ich verstehe die Kolleginnen und Kollegen, die sagen „Ich gucke mir meine eigenen Sachen nicht an“, weil ich glaube, das hilft, um frei weiterzumachen. Ich persönlich glaube, es kommt darauf an, welcher Typ Mensch man ist. Ist man mehr analytisch und guckt sich etwas an, um etwas besser zu machen, oder blockiert einen die Fehlersuche eher. Die große Kunst beim Schauspiel ist ja, jedes Mal frei in eine Situation zu gehen.

B K: Hast Du Vorbilder oder bewunderst jemanden besonders?

A S: (überlegt lange) Da tue ich mir schwer, jemanden zu finden. Ich gucke mir gerne von allen etwas ab. Eine einzelne Person kann ich dir da gar nicht nennen. Die „Bullyparade“ hat mich damals sehr geprägt, weshalb ich es jetzt lustig finde, so nach und nach jeweils mit einem der drei gearbeitet zu haben. Das Timing und die Ideen bei dem Format haben mich sehr beeindruckt. Und auch die Tatsache, dass sie sich selber nicht so ernst nahmen und auch die Outtakes gezeigt haben. Das fand ich großartig.

B K: Dann fehlt aber noch die Zusammenarbeit mit Bully Herbig.

A S: (lacht) Man muss ja noch Ziele haben.

B K: Was würdest Du denn gerne noch drehen?

A S: (überlegt) Beim „Pumuckl“ würde ich gerne mitmachen. Das ist eine wunderbare Serie. Ich liebe sie. Die haben auch mit den neuen Staffeln alles richtig gemacht.

B K: Vielleicht hast Du meine letzte Frage damit schon beantwortet. Gibt es für Dich eine bayerische Lieblingsserie?

A S: Die, in der ich gerade zu sehen bin. (lacht) Ich gucke „Hubert und/ohne Staller“ wirklich schon seit Jahren sehr gerne. Deshalb ist es wirklich ein kleiner Traum, der in Erfüllung gegangen ist. Aber der „Pumuckl“ wäre natürlich das i-Tüpfelchen.  

B K: Danke für das Gespräch.

A S: Dankeschön.

 

 
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